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Jazz am Gymi

Satter Bigbandsound und erstaunliche Perkussionsperformance gefielen dem kleinen Publikum

Zum zweiten Mal lud am Donnerstagabend die noch junge Bigband der Musikschule Appenzell und des Gymnasiums St. Antonius zu einem Konzert ein. Als Gast fabulierte Schlagzeuglehrer Enrico Lenzin mit Drumset, Alphorn, Taler­becken, Mund, Händen und Füssen.

Zum Abschluss seines Soloprogramms liess Enrico Lenzin einen Orkan los, dass einem die Ohren wackelten. Ein Schlagzeug–Solo wie er sich vorstellt dass es sein soll, wie er sagte. Als Gast der Reihe «Jazz am Gymi» hat er auf der Bühne des Theatersaals Ausschnitte aus seinem Programm «Kling & Klang» geboten.Auf dem «Hang», einem metallenen Schlaginstrument, das aussieht wie ein UFO und dessen Klang an Steeldrums, Gongs und Klangschalen erinnert, zauberte er Winterstimmungsbilder. Für die «Loveparade Berlin» paukte er Beats, die den Herzschlag beschleunigen, scratchte über die Felle und fing ein paar verirrte preussische Trommelwirbel ein. Der aus dem Rheintal stammende Schlagzeuger unterrichtet seit bald 20 Jahren an der Musikschule Appenzell und wirkt in verschiedenen – auch Genre–übergreifenden – musikalischen Projekten jeglicher Stilrichtungen mit. Sein Markenzeichen ist ein intuitiver Stil, dazu gesellen sich Fantasie und Experimentierlust. So kommen zum Thema Fasnacht eine Trichter–Tröte und quietschende Gummihämmer zum Einsatz: Fast hätten die Guggen–Rhythmen die Zuhörenden zu einer Polonaise verführt. 

Alles was klingt 
Alles was taugt, um Rhythmus, Klänge und Geräusche zu erzeugen, baut Enrico Lenzin in seine Klang–Geschichten ein. Und er beherrscht Multitasking: Eine Cajon hat er zu einem bequemen Stuhl umgebaut. Auf diesem sitzt er, bläst in sein Teleskop–Karbon–Alphorn, schlägt mit dem Fuss die alte Zirkuspauke und mit der freien Hand die Kistentrommel oder er steppt zur Alphornimprovisation rasante Rhythmen auf den Boden, oder er setzt seinen ganzen Körper als Resonanzraum ein, schlägt Talerbecken mit Schlägern an, so dass sie klingen wie ein asiatisches Glockenspiel. Zum Schluss verblüfft er mit seiner teuflisch schnellen Fingerakrobatik auf der Tarabuka.

Tolle Entwicklung
Das Publikum tat sein Bestes, um seine geringe Zahl zu kompensieren. Es applaudierte Enrico Lenzin heftig und lange – auch im ersten Teil des Konzertabends, beim Auftritt der Bigband des Gymnasiums und der Musikschule Appenzell.Es muss den jungen Leuten viel Spass machen, die Songs von Amy Winehouse und Bruno Mars zu spielen oder mitreissende Evergreens wie Joe Zawinuls «Birdland». Anzusehen war es ihnen zwar nicht: Sie waren sehr konzentriert und ernsthaft bei der Sache.Den wunderbar satten Bigband–Sound bekamen sie in den Klassikern von Marvin Gay – und vor allem in Tutti–Passagen – mühelos hin. In der hohen Kunst des Improvisierens wagten die Jugendlichen erste zaghafte (notierte) Schritte. Das Pub­likum belohnte jedes Solo mit warmem Beifall. Es gab manche Bravorufe für die beeindruckende Leistung der Formation. Die etwa 20 Musizierenden haben sich in nur zwei Jahren unter der Leitung von Mario Haltiner zu einem organisch agierenden Klangkörper entwickelt. Mit der Zeit wird es dem Orchester bestimmt gelingen, entspannter und mit noch etwas mehr Drive zu performen. Laut Anita–Flurina Ströhle, Leiterin der Musikschule, wird das Projekt Bigband nach der zweijährigen Pilotphase nun weitergeführt. 

Grossartige Stimmen
Besonders begeistert haben einmal mehr die Sängerinnen Phoebe Schlatter und Riana Steinmann. Die beiden sind mit zauberhaften Stimmen und viel Talent gesegnet. Die Welthits interpretierten sie beeindruckend sicher und mit hin­reissendem Timbre und klug dosiertem Vibrato (Riana Steinmann) oder klar und kraftvoll (Phoebe Schlatter).

DAV vom 28. November 2015

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